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  Wettkampfvorbereitung
 
Training in der Wettkampfsaison (Langstrecke bis Marathon)
Nun haben wir das (hoffentlich) fleißige Wintertraining abgeschlossen und die Grundlagenausdauer geschaffen, um eine gute Leistung zu zeigen. Was uns nun allerdings fehlt ist Geschwindigkeit. Nach Monaten des Grundlagenausdauertrainings sind unsere Muskeln Geschwindigkeit nicht mehr gewöhnt. Das muss sich nun ändern, aber bitte langsam. Ich persönlich habe schon persönlich die Erfahrung gemacht, dass man nicht mit den Geschwindigkeiten anfangen kann, mit denen man den Herbst beendet hat – der Muskel nimmt es einem sehr übel und er wird im wahrsten Sinne des Wortes „sauer“. Aber das Positive ist, das der Anpassungsprozess sehr schnell geht und nach nur 3-4 Tempo-Trainingseinheiten ist die Angst vorm Tempo weg ist und es zeigen sich signifikante Verbesserungen.
Ich möchte hier gerne einige Themen besprechen und aus meiner persönlichen Erfahrung von über 35 Marathons einige Tipps weitergeben. Natürlich sind diese nicht pauschal auf jede(n) anzuwenden, aber es können interessante Anregungen sein. Die Umsetzung ist individuell abzustimmen und sicherlich auch sehr stark von den sportlichen Ambitionen abhängig. Diese Ausführungen zielen auf den ambitionierten Läufer, dabei ist grundsätzlich egal ob die Zielzeit 2:30, 3:00 oder 4:00 beträgt. Für Ziele im Bereich > 4:00h (Frauen + 20 Minuten) sind andere Punkte entscheidend, trotzdem mögen auch diesen Läufern einige Punkte nützlich sein.

Wann fängt das Sommertraining an?
Typischerweise stellt man das Training im März um. Das hängt ein bisschen vom Wetter ab. Also sobald es ein bisschen wärmer ist und kein Glatteis, kann es losgehen.

Wie lange geht das Sommertraining?
Diese Trainingsperiode geht bis zum Ende der Wettkämpfe, also zumeist Ende Oktober und wird durch eine 2-4 wöchige Ruhe- und Erholungsphase abgelöst. In einer Phase mit mehreren dicht aufeinander folgenden Wettkämpfen ganz besonders auf Erholung zu achten und sehr vorsichtig mit weiterem Tempotraining umzugehen.
Was ist das Ziel ?
Es geht in diesem Training konsequent darum, sich auf die Wettkämpfe vorzubereiten und sich zur Grundlagenausdauer aus dem Wintertraining Tempohärte anzueignen. Also lange laufen können wir, jetzt wollen wir lange schnell laufen! Und natürlich müssen wir uns nach einem Wettkampf so schnell wie möglich wieder erholen!

Wie sieht das wöchentliche Training aus (Umfang) ?
Der Gesamtumfang an Kilometern kann leicht unter dem des Wintertrainings liegen, denn die Trainings sind durch das Tempo belastender für den Körper. Auch die Woche vor und nach einem Marathon ist der Umfang in km reduziert.
Wie sieht das wöchentliche Training aus (Trainingsbausteine) ?
Die Kernbausteine sind ein Tempotraining pro Woche (Bahn, Tempodauerlauf oder „Minutentraining“) und ein langer Lauf (35km), der schneller als im Winter gelaufen werden sollte. Insbesondere die 2. Hälfte des langen Laufes sollte schnell sein! Wichtig – diese gilt nicht für die Woche vor und nach einem Marathon oder Halbmarathon. Diese sollten auf die Woche verteilt sein. Nach einem Tempotraining ist der Folgetag ein Regenerationslauf ohne Tempo. Er fällt oft anfangs schwer, aber es läuft sich meist ganz gut ein. Das hilft die Abbauprodukte aus dem Muskel zu bekommen, um schneller wieder voll leistungsfähig zu sein. Alternativ ist Schwimmen sehr zu empfehlen, aber nicht zu Lasten der Gesamtkilometerzahl pro Woche. Der Rest der Tage ist eigentlich „Kilometer sammeln“, gerne nach Lust und Spaß ein paar flottere Abschnitte einbauen, aber immer wieder ruhigere Laufabschnitte. Bei diesen Läufen soll man sich mit dem Laufpartner(in) unterhalten können – keine Angst, der nächste Impuls wird gesetzt. Ebenso verhält es sich nach dem langen Lauf, da können schon die Muskeln am nächsten Tag ein wenig zwicken. Das Ziel des schnellen langen Laufes ist, den Körper an die Belastung des Wettkampfs heranzuführen. Was hilft es, immer lange langsam zu laufen und dann kommt der Marathon und der Körper ist völlig irritiert von dem Tempo? Er wird es nicht mögen und ein langsameres Tempo einfordern. Diesen Zyklus kann man 3 Wochen hintereinander wiederholen und dann je nach Körpergefühl eine Woche den langen Lauf verkürzen und das Tempo entschärfen, um dem Körper eine Ruhephase zu gönnen.   
Pausen ?
Immer wenn immer es sehr schwer fällt aus dem „normalen“ Trab zu beschleunigen, sind die Muskeln wahrscheinlich nicht richtig erholt und es deutet auf eine zu hohe Belastung hin. Vielleicht ein zu schnelles Tempo bei einem vorangegangenen Training? Stress oder eine Erkältung? In diesem Fall ruhiger und eventuell kürzer laufen, Tempo ist kontraproduktiv und geht nur bei guter Erholungssituation. Es gilt zu lernen in den Körper zu horchen und zu fühlen, was der Körper will. Allerdings darf dies nicht dazu führen alles Tempo zu verbannen, ganz ehrlich, den meisten geht es vor einem harten Tempotraining nicht besonders gut, so auch mir. Der Körper fragt, warum er so einen Unsinn eigentlich machen soll … aber auf die Couch kommen wir noch früh genug!
Wie kann Tempotraining aussehen ?
Das einfachste Training ist der Tempodauerlauf: Hier wird sich ca. 15 Minuten langsam eingelaufen und dann 15 km im Marathonwettkampftempo gelaufen. Danach lockeres Auslaufen.
Das Intervalltraining: Hier trainiert man klassisch auf einer vermessenen Strecke Wiederholungen in hoher Grundgeschwindigkeit. Am einfachsten im Stadion. Typische Einheiten sind 8*1.000m oder Pyramiden 400-600-800-1000-1200-1500 und das gleiche zurück. Es gibt viele Abwandlungen. Das Tempo muss individuell bestimmt werden und kann hier nicht pauschal angegeben werden. Aber nach jedem Abschnitt soll man an der Grenze sein, aber derartig, dass man sich bis zum nächsten Intervall wieder einigermaßen erholen kann. Dieser „Zwischenabschnitt“ von der halben Intervalllänge wird ganz langsam getrabt. Nach dem Training noch ca. 15 km locker auslaufen um das Laktat abzubauen. Dies ist ein sehr hartes Training und macht oft keine Freude – ich mag es überhaupt nicht. Aber es ist sehr effektiv. Schon nach 3-4 Trainings geht es sehr viel leichter und die Rundenzeiten verbessern sich im Sekundenbereich. 
Das Minutentraining: Diese Trainingsform ist eine Kompromisslösung zwischen Intervalltraining und Tempodauerlauf. Nach ca. 15 Minuten einlaufen werden 3 Minuten schnell (Halbmarathonwettkampftempo) gelaufen. Danach 3 Minuten langsames laufen. Danach wird dies mit einem 6-Minutenlauf wiederholt und danach wieder 6 Minuten langsam laufen. Dies macht man dann mit 9, 12 Minuten und baut die Pyramide wieder ab, d.h. 9-6-3 Minuten. Dann wird wieder wie gewohnt locker ausgelaufen. Was so locker klingt hat es in sich! Bei den letzten Minutenläufen hat der Muskel keinen wirklichen Spaß mehr und daher auch der Läufer nicht – aber wir wollen eine Anpassung des Muskels und das geht eben nur, indem wir ihn aus dem Wohlfühlbereich herausholen. 
Die letzten 2 Wochen vor einem Marathon ?
Zwei Wochen vor einem Marathon ist m. E. nach noch „normales Training" möglich. Der letzte lange Lauf sollte zwei Wochen vorher sein, nicht mehr eine Woche vor dem Wettkampf. Hartes Tempo bitte auch nur bis eine Woche vorher. Eine ganz nette Übung für den Montag/Dienstag vor einem Sonntagsmarathon ist 10 km etwas schneller als im Wettkampfmarathontempo zu laufen. Das gibt ein super Tempogefühl. Ansonsten heißt es in der Woche vor dem Marathon sicherzustellen, dass man voll erholt ist. Aber wir müssen in Bewegung bleiben und es spricht nichts dagegen bis 3 Tage vor dem Wettkampf locker zu laufen, zeitlich gerade zum Ende hin etwas kürzer als bei den normalen Läufen. Unbedingt wichtig an T-3 zu laufen, sonst vergisst der Muskel, dass er bald was leisten soll! An T-2 finde ich es gut ruhig zu bleiben und nicht mehr zu laufen. Maximal 20-30 Minuten, aber besser gar nicht.   
Die letzten 24 Stunden vor einem Marathon ?
Am Tag vor einem Marathon ist der größte Fehler, stundenlang über die Marathonmesse zu bummeln oder längere Stadtbesichtigung durchzuführen.
Ich bin kein Fan von besonderer Ernährung, nur Alkohol sollte man am Vortag vermeiden und es ist auch nicht der Tag für eine Diät. Experimente sollten allerdings ausbleiben, das ist manchmal wichtig wenn man in einem Restaurant isst. Genug trinken ist selbstverständlich, das zur Toilette rennen wird dann manchmal ganz schön nervig. Ich besuche am Abend vorher auch gerne die Pastaparty. Man will ja das Event Marathon voll auskosten und bloß nichts falsch machen, aber ob es wirklich was bringt... ?! Ich denke der Ernährung vorher wird zu viel Aufmerksamkeit geschenkt! Das Frühstück vor dem Start ist mir allerdings wichtig. Ich esse 2-3 Stunden vor dem Start 5 weiße "normale" Brötchen mit Honig oder/und Marmelade. Das letzte Brötchen fällt mir auch immer schwer, aber es ist wichtig, da es anschließend bis Rennende nichts mehr gibt.
Die Startunterlagen holt man, wenn möglich, am Vortag und auch sonst stehen Schuhe usw. fest.
Der Marathon (Verpflegung, Taktik, Geschwindigkeit …)
Am großen Tag sollte man 2-3 Stunden vor Start ausreichend frühstücken. Keine „schweren“ Sachen, Brot-/Brötchen mit fettarmem Aufstrich sind gut geeignet. Da ich keinen Kaffee trinke, fällt es mir leicht darauf zu verzichten. Dann schaue ich mir die Strecke nochmals auf dem Plan an und „laufe sie im Kopf“. Auch rechne ich noch mal Kilometerzeiten unter Berücksichtigung des Wetters, Wind und Strecke, hier bitte auf die Höhenmeter achten und das Prinzip verfolgen: ein Marathon wird meist im letzten Drittel entschieden. Und 5 Sekunden, die man auf der ersten Hälfte pro Km schneller war, sind auf 2 km weg bei einem Leistungseinbruch! Bitte die Planung einhalten und nicht der Versuchung erliegen schneller zu laufen, nur weil es eine Gruppe gibt oder oder … Was das Trinken betrifft, habe ich die Erfahrung gemacht, jede Verpflegungsstelle anzulaufen, nur Wasser zu nehmen und einen Schluck zu trinken, den Rest geht eh meistens am Mund vorbei. Das alles natürlich im Laufen. Der Magen kann pro 15 Minuten maximal 0,2l resorbieren und das bei voller Durchblutung. Aber wo ist unser Blut? In den Beinen und daher können wir nur schlecht Flüssigkeit aufnehmen. Ein Zuviel schadet und liegt im Magen herum. Dies gilt nicht bei einem Hitzelauf >25 Grad. Hier muss viel getrunken werden, um eine massive Dehydrierung zu vermeiden. Und übrigens: ein halber Liter Wasser 15-20 Minuten vor dem Start ist ein kleiner Tipp. Bezüglich Ernährung denke ich sollten wir uns auf das Essen nach dem Lauf freuen und uns während des Wettkampfs aufs Laufen konzentrieren. Ich habe immer 1-2 Gels dabei, meist nehme ich nur eins. Nicht weil ich es brauche, sondern weil ich mir später keine Vorwürfe machen will und es dem Kopf gut tut. Ob es wirklich hilft...? Früher gab es das doch auch nicht und die Profis habe ich das auch noch nicht nehmen sehen. Wenn nichts mehr geht jenseits der 32 km Marke – da ist auch Cola ganz gut. Wenn der Magen dadurch sauer wird, ist es wenigstens nicht mehr weit bis ins Ziel.
Erholung nach einem Marathon ?
Direkt nach dem Marathon bitte nicht auslaufen, das ist nicht nötig und unsere Muskeln wollen nur noch Erholung. Essen sollte man so schnell wie möglich, um die leeren Kohlehydratspeicher aufzufüllen, egal ob flüssig oder fest. Das ist allerdings nicht immer einfach, ich kann oft 2 Stunden kaum was essen! Am Tag nach dem Wettkampf wollen die Muskeln bewegt werden, ja, der Anfang ist sehr schwer, aber es ist wichtig. Das sollte langsam und auf flacher Strecke passieren, für die Länge ist allein das Wohlbefinden entscheidend, aber unter 30-40 Minuten rentiert sich das Duschen nicht. Vielleicht schon mal bemerkt: die beiden Tage nach einem Marathon speichert der Körper Wasser, welches am dritten Tag wieder ausgeschieden wird. Ist manchmal ein bisschen komisches Gefühl, aber es hat mit der Wiedereinlagerung von Energie in den Muskelzellen zu tun. Da sind zunächst Wassermoleküle mit gebunden, die aber von der Zelle später nach vollständiger Auffüllung wieder abgegeben werden. Der 2. Tag kann gerne ruhig verbracht werden oder ein ganz lockerer Lauf, auch Schwimmbad ist geeignet zur Regeneration. So sollte es schrittweise immer besser gehen und nach ein paar weiteren Tagen kann langsam wieder in das normal, Training eingestiegen werden. Aber man muss beachten, dass der Körper zur vollständigen Regeneration etwa die halbe Wettkampfkilometerzahl in Tagen braucht, das heißt bei einem Marathon etwa 3 Wochen!

Unterstützendes Training?
Wir Läufer trainieren sehr einseitig und einige wichtige Muskelpartien werden vernachlässigt, insbesondere im Rumpfbereich, aber auch im Oberkörper (wer hat nicht schon mal nach einem Marathon Muskelkater in den Armen gehabt?). Ich habe zum Ausgleich den Triathlonsport für mich entdeckt. Schwimmen und Radfahren ist ein prima Ausgleich und stärkt die Rumpfmuskulatur.

Ich hoffe hiermit einige Ideen und Erfahrungen aus meinen gelaufenen Marathons weitergegeben zu können. Letztendlich funktioniert jeder Körper anders und man muss das Ideale für sich selber finden.
Anmerkung: Dies sind Tipps aus meiner persönlichen Erfahrung aus leistungsorientiertem Ausdauersport und ich kann keine Haftung übernehmen für Probleme irgendwelcher Art bei Umsetzung dieser Hinweise!
 
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